Recht auf Spiel

 

Recht auf Spiel

Inhaltsangabe – bitte runterscrollen!
– Schluss mit systemischen Kinderrechtsverletzungen
– Echte Kinderrechte ins Grundgesetz
– Manifest für das Recht der Kinder auf Spiel

 

SCHLUSS MIT SYSTEMATISCHEN KINDERRECHTSVERLETZUNGEN
Stellungnahme von Spielmobile e.V. – Bundesarbeitsgemeinschaft der mobilen spielkulturellen Projekte zur Situation von Kindern, Jugendlichen und jungen Menschen in Lagern und Unterkünften  (01.03.2021)
Als Akteur*innen der spiel*kulturellen Bildungsarbeit beurteilen wir die Lage von geflüchteten Menschen – insbesondere Kindern, Jugendlichen und jungen Menschen – nicht nur an den EU-Außengrenzen sondern auch innerhalb Deutschlands als katastrophal. Wir verurteilen insbesondere die Verletzung der von Deutschland ratifizierten UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) in den Lagern und Unterkünften. Die Verstöße können an den folgenden Punkten festgemacht werden:

  • Geflüchteten Kindern, Jugendlichen und jungen Menschen sowie deren Familien wird Asyl in Deutschland verwehrt. (Verstoß gegen Art. 22, UN-KRK)
    Wir fordern die Bundesregierung auf, alle der aktuell 227 sicheren Häfen in Deutschland zu öffnen. #sicherehäfen #seebrücke 
  • Bei der Suche nach Asyl werden flüchtende Minderjährige immer wieder vom restlichen Familienverbund getrennt. (Verstoß gegen Art. 5, 9 und 22, UN-KRK) Wir fordern die Bundesregierung auf, Familienzusammenführungen schnellstmöglich umzusetzen. 
  • In provisorischen Lagern an den EU-Außengrenzen werden Menschenrechte, Hygiene- und Sicherheitsstandards nicht eingehalten. (Verstoß gegen Art. 3, 19, 27, UN-KRK)
    Wir fordern die Bundesregierung auf, die Einhaltung von Standards in Unterkünften sicherzustellen oder darüber hinaus, die Lager zu evakuieren. 
  • Lebensstandards, die der körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung von Kindern angemessen sind, werden in Lagern an den Außengrenzen nicht und in Erst- und Folgeunterkünften der Bundesrepublik häufig nicht eingehalten. (Verstoß gegen Art. 6, UN-KRK)
    Wir fordern die Bundesregierung auf, Strukturen der sozialen, kulturellen und schulischen Bildung in allen Unterkünften sicherzustellen und auszubauen. 
  • Die Bundesregierung beteiligt sich an rechtswidrigen Push-Backs an den EU-Außengrenzen. (Art. 11 und 22, UN-KRK)
    Wir fordern die Bundesregierung auf, die Beteiligung umgehend zu beenden und illegale Push-Backs künftig zu bekämpfen.
     
  • „Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Ruhe und Freizeit an, auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung sowie auf freie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben.“ (Artikel 31, Absatz 1, UN-KRK).
    Wir fordern die Bundesregierung auf, außerschulische Bildungsstrukturen und Förderprogramme der Kinder- und Jugendhilfe sowie der kulturellen Bildung auf Bundes- und Länderebene langfristig und nachhaltig zu stärken.

Die Forderungen richten sich an die Bundesregierung sowie an alle Entscheidungsträger*innen auf Bundes- und Landesebene sowie in den Kommunen. Des Weiteren möchten wir alle Akteur*innen, Einrichtungen und Träger der Kinder- und Jugendarbeit sowie der kulturellen Bildung dazu ermutigen, diese Stellungnahme zu teilen, in Foren und Gesprächsrunden auf die Missstände aufmerksam zu machen und praktische Lösungsansätze voranzutreiben und weiterzuentwickeln.
Wir haben Platz, wir haben Mittel und wir haben Lösungen.
Nicht zu handeln ist keine Alternative! 

Hier finden Sie die Stellungnahme sowie weiterführende Links. Wir freuen uns, wenn Sie die Stellungnahme auch über Ihre Kanäle verteilen!

 

 

Berlin, 08. Juni 2021
Zum Scheitern des Koalitionsvorhabens, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, erklärt das Aktionsbündnis Kinderrechte (Deutsches Kinderhilfswerk, der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland, in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind):

„Das Scheitern der Verhandlungen über die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz ist ein herber Dämpfer für die Kinder, Jugendlichen und Familien unseres Landes, die in den vergangenen Monaten ohnehin schon wenig Unterstützung erfahren haben. Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass Kinderrechte bisher zu häufig übergangen werden.
Dass sich die Bundestagsfraktionen nicht auf eine gemeinsame Formulierung einigen konnten, ist enttäuschend. Kinder und ihre Familien hätten mehr Kompromissbereitschaft und Rückhalt über alle Parteien hinweg verdient. Mit dem Scheitern des Vorhabens wurde eine historische Chance verpasst, die Rechte von Kindern nachhaltig zu stärken.

Das Aktionsbündnis Kinderrechte wird sich weiter für eine Verankerung der Kinderrechte in der deutschen Verfassung einsetzen. Die im Aktionsbündnis vertretenen Kinderrechtsorganisationen rufen Bund und Länder dazu auf, weiter eine tragfähige Lösung zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz zu suchen. Es braucht eine starke und eindeutige Formulierung für die Kinderrechte, die unabhängig von den Elternrechten gegen den Staat gelten. Dies wäre eine wichtige Grundlage für kindgerechtere Lebensverhältnisse und bessere Entwicklungschancen für alle Kinder, für eine stärkere Rechtsposition und mehr Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland.“

 

 

MANIFEST FÜR DAS RECHT DER KINDER AUF SPIEL
Am 20. November 2019 wurde das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, kurz UN-Kinderrechtskonvention, 30 Jahre alt! Zum 25-jährigen Jubiläum hat Spielmobile e.V. auf seiner Mitgliederversammlung am 16.11.2014 in Remscheid ein Manifest verabschiedet, welches sich mit dem Recht des Kindes auf Spiel und freie, selbstbestimmte Zeit beschäftigt. Dieses ist auch fünf Jahre nach der Verabschiedung sehr aktuell.
Wir rufen alle auf, die mit Kindern arbeiten, die selbst Kinder haben und alle, die Kinder in unserer Gesellschaft unterstützen, das folgende Manifest zu unterschreiben. Setzt Euch mit Aktionen, Projekten und politischer Arbeit für diese Forderungen ein! (Download als pdf)

Manifest für das Recht der Kinder auf Spiel und freie, selbstbestimmte Zeit

Kindheit, als eine eigenständige Lebensphase hat sich mit ungeheurer Geschwindigkeit drastisch verändert. Die damit einhergehenden Folgen und Strukturen rauben den Kindern Zeit und Freiraum zum Spielen in nie da gewesenem Ausmaß!

Seit dem sogenannten PISA- Schock 2001 weht der Wind der Veränderung mächtig durch das Land. Die Schlussfolgerungen der Bildungsdebatte in Deutschland und anderen europäischen Ländern führten dazu, dass sich der Leistungsdruck und die Anforderungen an die Kinder erhöht haben. Gleichzeitig wurde es für Kinder nahezu unmöglich, selbstbestimmt, unbeobachtet und unkontrolliert spielend Zeit zu verbringen.

Wir stellen fest:
In ihrem Streben nach Glück und Freiheit geraten Kinder an immer engere Grenzen. Kindheit wird von Erwachsenen funktionalisiert, rhythmisiert, betreut, verrechtlicht und verregelt. Erwachsene wünschen sich eine Rundum-Betreuung und Sicherheit für ihre Kinder ohne ungewisse Freiräume.
Kinder müssen immer mehr funktionieren. Sie leben in einem hohen Maß in Ganztagsbetreuungen und sind mit schulischen Aufgaben beschäftigt! Sie werden von uns Erwachsenen überschüttet mit gut gemeinten Bildungsprogrammen und wohlwollenden, feinmaschigen Betreuungsangeboten. Wir Erwachsene schaffen für Kinder Bedingungen, in denen das freie, selbstbestimmte Spiel immer weiter zurückgedrängt wird.

Aber Kinder spielen!
Kinder entdecken spielend die Welt, die sie erforschen und sich zu Eigen machen. Sie entwickeln sich spielend in ihrer Persönlichkeit. Sozial und kommunikativ kompetent wollen und können sie selbst bestimmen, eigenen Interessen folgen, mit Neuem experimentieren. Sie bilden sich aus sich heraus stetig weiter. Das geht nur, wenn sie dies auch selbst bestimmen dürfen und ihnen Zeit dafür zugestanden wird.

Kinder müssen spielen!
Alle lebenspraktischen Fähigkeiten können Menschen nur in aktiven und selbstbestimmten Bedingungen und im Spiel entwickeln. Sie müssen alle ihre Sinne ständig nutzen, um Zusammenhänge herzustellen. Die dafür benötigten gestaltbaren Spiel- und Naturräume werden jedoch stetig begrenzt und zugunsten vorbestimmter Nutzungsflächen verwandelt. Die Abschaffung bzw. die Funktionalisierung begehbarer Spiel- und Naturräume bewirkt, dass sich die Kinder kaum noch mit Gleichgesinnten verabreden und nur wenig eigenbestimmten, gestalterischen Tätigkeiten nachkommen können. Hingegen wächst unmäßig das konsumierbare Angebot an virtuellen und künstlich erschaffenen Spielwelten, in denen die sinnliche Vielfalt massiv reduziert wird. Die Entwicklung und Ausbildung handwerklicher, kultureller, sozialer und kreativer Fähigkeiten findet immer weniger im spielerischen, eigenbestimmten Tun statt. Die moderne Technik, die Überversorgung und Dauerbetreuung verhindern den selbsttätigen Erwerb lebensnotwendiger Fähigkeiten.

Spiel ist ein elementares Recht!
Spiel ist nicht nur ein Grundbedürfnis von Kindern. Kinder haben ein Recht auf Spiel. Das regelt die UN-Kinderrechtskonvention von 1989, die 1992 in Deutschland in Kraft trat.
Spiel braucht keine Begründung. Spiel ist ein biologisch angelegtes Muster im Menschen. Und zwar das Spiel draußen ohne pädagogische Anleitung durch Erwachsene. Auch Erwachsene spielen, aber Spiel ist ein zentrales Element im Leben und Aufwachsen von Kindern.
In Artikel 31, Absatz 1 heißt es: Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Ruhe und Freizeit an, auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung sowie auf freie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben.
Im SGB 8 §11 wird dieses Recht zusätzlich ausgeführt. Der gesellschaftliche Bildungsauftrag sieht eine gleichberechtigte Förderung von sozialen Kompetenzen, Wissen und geistigen und kulturellen Fähigkeiten vor und schreibt darin dem freien, selbstbestimmten und gestalterischen Spiel eine große Bedeutung zu. Denn Spielen ist Probierverhalten, Erleben und Erfahrung und gleichzeitig Weltaneignung und Wirken in die Welt. Die Qualitäten und die einzigartigen Wirkungen des Spiels sind nachhaltig philosophisch, pädagogisch, geisteswissenschaftlich, bildungswissenschaftlich und neurobiologisch erforscht: Spielen ist lebensnotwendig und ein unveräußerliches elementares Recht!

Wir fordern von allen Erwachsenen in ihren Verantwortungsbereichen:
Die umfassende Verwirklichung des Kinderrechtes auf Spiel und Freizeit

Eine deutliche Ausweitung bewegungsfreudiger, handwerklicher und kulturell ästhetischer Erfahrungsräume, in denen soziale, kommunikative und lebenspraktische Fähigkeiten erprobt und stabilisiert werden können
Mehr Zeit für Kinder, ihrer Entdeckungsfreude nachgehen zu können
Mehr Zeit für Kinder, um mit anderen Kindern eigenbestimmt spielen zu können
Eine Reduzierung der schulleistungsbezogenen Verpflichtungen für alle Kinder
mutig und beharrlich das Recht der Kinder auf Freiheit und Abenteuer zu unterstützen
Alle Kinder wollen spielen, Erwachsene haben ihnen Zeit und Raum dafür zu geben. Wir Erwachsenen bestimmen die Kindheitsbedingungen – wir müssen sie für unsere Kinder im Wert und im Geist der Kinderrechte verändern!

Unterstützen Sie das Manifest
und setzen Sie sich mit uns ein für einen gesellschaftlichen Wandel. Für die Kinder. Für ihr Recht auf Spiel und freie, selbstbestimmte Zeit!

beigefügte Dokumente
Manifest für das Recht der Kinder auf Spiel und freie, selbstbestimmte Zeit(PDF – 258.9 kB)

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